Hans Georg Pflüger, deutscher Komponist

Hans Georg Pflüger, deutscher Komponist Hans Georg Pflüger, deutscher Komponist
Eintrag im Harenberg Komponistenlexikon

Harenberg

Komponistenlexikon

Pflüger, Hans Georg
* 26.8.1944 Schwäbisch Gmünd
† 9.3.1999 Bietigheim


Mit einer hoch expressiven Musik ohne jede
restaurative Tendenz beschritt Hans Georg Pflüger
eigene Wege im pluralistischen Feld der neuen
Musik. Dramatisch akzentuierte Instrumentalwerke
mit schroffen Klangtexturen wie das „Konzert für
Violine, Violoncello und Orchester“ (1989) und sein
breites Liedschaffen kennzeichnen sein Oeuvre.



Komponist und Organist Nach autodidaktischen Anfängen studierte Hans Georg Pflüger
1965–71 Komposition bei Henk Badings an der Musikhochschule Stuttgart, ab 1968 Orgel bei
Karl Richter in München; ein Meisterkurs bei Wolfgang Fortner vermittelte 1967 entscheidende
Impulse. 1977 war er Stipendiat der Villa Massimo in Rom. Neben der kompositorischen Arbeit
war Pflüger auch als Organist tätig, wobei er sich insbesondere Bach und Händel widmete.


Konzentration Nach erster Beeinflussung durch Brahms und Bartók war es vor allem die
Zweite Wiener Schule, die Pflügers Musik nachhaltig geprägt hat. So entstand ein an Webern
geschulter Reduktionismus, der sich trotz struktureller Dichte nicht den Zwängen der Zwölfton-
technik unterwarf, sondern Prinzipien der freien Atonalität verpflichtet blieb.
Mehr als sechzig Kompositionen, die alle Gattungen abdecken, offenbaren eine wirkungsvolle
Beschränkung auf wesentliche und unmittelbare Ausdrucksmomente.


Musik als Sprachrohr der Existenz In Pflügers Oeuvre dominieren Vokalkompositionen die
Traditionen des romantischen Kunstliedes ohne Eklektizismus in die Gegenwart tragen. Neben
Heine, Trakl, Benn und Beckett sind es vor allem Friedrich Hölderlin und Paul Celan, deren
Dichtungen ihn zu zahlreichen Liederzyklen, Orchesterliedern und Chormusik inspiriert haben.
In „…eisig ist die Welt außen …“ (1997) hat Pflüger Texte des autistischen Autors Birger Selin
in ein zerrissenes Porträt menschlicher Vereinsamung und Sprachlosigkeit verwandelt.
Weitere Hauptwerke sind „Fragment“ für Bariton und Klavier nach Hölderlin (1977),
„Todesfuge“ für Bariton, Violine, Klavier und Schlagzeug (1995), sowie das Requiem
„Memento Mori“ (1995), das klassisch-romantische Kirchenmusik-Traditionen mit
modernster Expressivität verbindet.


Ironie Auch abgründiger Witz und geistreiche Dialoge mit der Tradition waren Pflüger nicht
fremd: Im Bläsernonett „Ama-Deus“ (1996) spielt er ironisch mit Mozarts „Kleiner Nachtmusik“;
(…) Dirk Wieschollek


aus Harenberg Komponistenlexikon, Harenberg Kommunikation Verlags- und Medien Gmbh & o.KG, Dortmund

dort zitiert nach
W.M. Grimmel: Hans Georg Pflüger, in H.-W. Heister und W.-W. Sparrer (Hrsg.).
Komponisten der Gegenwart, 2000 edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG



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